Die Grundlage für die Verfahrensdokumentation nach GoBD ist der „GoBD-Erlass“ aus dem November 2014 mit einer Gültigkeit ab 01. Januar 2015. Dieser Erlass vom Bundesministerium der Finanzen wurde zuletzt in 2019 geringfügig angepasst.
GoBD steht für “Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff” und regelt die Anforderungen an die elektronische Buchführung und Aufbewahrung von steuerlich relevanten Daten und betrifft alle Unternehmen in Deutschland. Durch die GoBD wurden die Spielregeln der Buchhaltung auf die fortschreitende Digitalisierung und die ständige Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten angepasst.
Ein wichtiger Bestandteil der Einhaltung der GoBD ist eine Verfahrensdokumentation, in der die individuellen Prozesse im Unternehmen niederzuschreiben sind, so dass man diese als „Bedienungsanleitung des Unternehmens für die kaufmännischen Prozesse“ sehen kann. In der Dokumentation ist auf die verschiedenen Bereiche im Unternehmen einzugehen: Belegeingang, Belegausgang, Kasse, Materialwirtschaft, aber auch alle anderen digitalen Lösungen: Zeiterfassung, Fahrtenbuch, etc. Es sind pro Bereich Zuständigkeiten / Mitarbeiter, Ablaufbeschreibungen, internes Kontrollsystem (IKS), Datensicherungskonzept, Archivierungsregeln und Unterweisungen mit Protokollierung zu beschreiben. Welche Hard- und Software eingesetzt werden und welche Schnittstellen es zwischen den Systemen gibt, sind weitere wichtige Fragen der Verfahrensdokumentation.
Die Finanzverwaltung will bei einer Prüfung die Dokumentation sehen, weil die Prozesse durch Digitalisierung komplex und nicht auf den ersten Blick erkennbar sind. Dort sind sie so zu beschreiben, dass es für den Prüfer verständlich ist.
Nicht nur Pflicht, sondern auch Chance
Die Erstellung einer Verfahrensdokumentation ist zweifelsohne eine Pflicht jedes Unternehmens, bietet aber durchaus auch Chancen. Man kann sie daher mit dem Sicherheitsgurt im Auto vergleichen: eine gesetzliche Vorschrift, deren Nichtbeachtung eine Strafe kostet, aber auch eine zusätzliche Sicherheit und man ist im Ernstfall froh, wenn man drauf zurückgreifen kann. Vorteile sind unter anderem:
- Wertsteigerung des Unternehmens durch definierte Prozesse, einfacheres Onboarding neuer Mitarbeiter durch klare und niedergeschriebene Vorgaben
- Der Ausfall von Schlüsselpersonen kann einfacher kompensiert werden, denn Wissen ist weniger im Kopf einzelner Personen als vielmehr nachlesbar
- Transparenz für alle, die Zugriff auf die Dokumentation haben,
- Bei der Erstellung findet ein Hinterfragen durch Beschäftigung mit den eigenen Prozessen statt – „das haben wir schon immer so gemacht“ und „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“ sind zwei Extreme, die in solchen internen Gesprächen oft aufeinanderprallen
- und viele weitere
Warum hat man so wenig von dem Thema gehört, wenn es seit 2015 verpflichtend ist?
In den letzten Jahren war das Thema eher etwas für Insider. Verschiedene Verbände und die Finanzverwaltung haben sich über Form und Inhalt verständigt und es wurden erste Erfahrungen gesammelt. Diese Zeit ist nun rum und jedes Unternehmen in Deutschland muss sich mit dem Thema befassen.
Auf Grund des Umfangs und der Komplexität kann diese Dokumentation nicht rückwirkend erstellt werden. Das heißt die heute erstellte Dokumentation gilt immer erst für die Zukunft.
Daher sollte kein Unternehmen in Deutschland Zeit verlieren und sich mit dem Thema beschäftigen. “Das wusste ich nicht”, zählt bei der Betriebsprüfung nicht.
Bei einer Betriebsprüfung im Jahr 2024 werden die Jahre 2020 – 2022 geprüft. Für den Prüfungszeitraum liegt also keine Verfahrensdokumentation vor, selbst wenn heute im Jahr 2023 eine Dokumentation erstellt wird. Trotzdem ergibt es sehr viel Sinn, sich darum zu kümmern, bevor die Finanzverwaltung sich zur Betriebsprüfung ankündigt. Das zeigt dann, dass das Unternehmen von sich aus reagiert hat und nicht erst, weil die Dokumentation im Rahmen der Prüfungsanordnung angefordert wird, was im Zweifel sicher positiv bewertet wird.
Bargeldintensive Unternehmen, die eventuell sogar Corona-Hilfen erhalten haben, haben keine Zeit mehr zu verlieren, denn für die unangekündigte Kassennachschau sollte die Verfahrensdokumentation griffbereit sein. Es zeigt sich bereits im Jahr 2023, dass die Kontrollen durch das Instrument Kassennachschau verschärft wurden. Das wird in den nächsten Jahren weiter forciert. Das gefährliche an der Nachschau ist, dass diese nicht angekündigt wird und daher jeden Tag stattfinden könnte.
Wenn dann die Verfahrensdokumentation der Kasse vorgezeigt werden kann und der bargeldintensive Betrieb sich auf die Kassennachschau vorbereitet hat, kann man dieser entspannt entgegensehen. Beim Sport nennt man so etwas Standardsituation: Ecken und Elfmeter kann und sollte man trainieren. Dann weiß im Ernstfall jeder, was zu tun ist.
Julian Dielenhein – GASTRODINA GmbH
Über den Verfasser
Julian Dielenhein ist Professionelles Mitglied des FCSI Deutschland-Österreich und Gesellschafter und Geschäftsführer der Gastrodina GmbH. Dabei handelt es sich um eine Unternehmensberatung mit besonderem Fokus auf die Gastronomie, Hotellerie und Systemgastronomie.
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